Symposium aus Anlass des 65. Geburtstages von André Birmelé

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Auf dem Weg zur Ökumene von morgen

An einem  65. Geburtstag pflegen Menschen zurückzuschauen. Wir aber wollen nach vorne schauen, wenn André Birmelé am 14. März 2014 65 Jahre alt wird. Er hat einen großen Teil seines Lebens in Kirche und wissenschaftlicher Theologie der Ökumene gewidmet. Darum haben wir zehn jüngere Theologinnen und Theologen eingeladen und gebeten, aus ihrem Erfahrungs- und Arbeitsbereich Gedanken zur Ökumene von morgen zu entwickeln. Das ist auf einem Symposium geschehen, das vom 12. bis 14. März 2014 im Institut für Ökumenische Forschung in Strasbourg stattgefunden hat.

Einführung in das Symposium von Theodor Dieter

Lieber André, liebe Mitwirkende am Symposium „Auf dem Weg zur Ökumene von morgen“!

Herzlich willkommen im Institut für Ökumenische Forschung in Strasbourg! Ich freue mich und danke Ihnen, dass Sie bereit sind, an unserem Experiment teilzunehmen und zu diesem Symposium beizutragen. Ein Experiment ist es, aus Anlass eines 65. Geburtstags nach vorne zu schauen und nicht zurück. Wer viel arbeitet, dem vergeht die Zeit sehr rasch; darum legt ein runder Geburtstag es nahe, innezuhalten und zu fragen: Was hat sich alles in diesen vergangenen Jahren ereignet, vor allem in den beinahe40 Jahren, die André Birmelé mit dem Institut verbunden und in der Ökumene tätig ist. Was ist erreicht worden? Was wird wohl bleiben? Aber wir haben im nächsten Jahr noch ein Jubiläum zu feiern, das 50jährige Bestehen unseres Instituts. Da stellen sich diese Fragen noch einmal, und wir möchten sie dann von hohen Vertretern der Kirchen beantworten lassen. Zu viel Selbstreflexion wäre freilich des Guten zu viel und würde den Verdacht der incurvatio in seipsum wecken. Deshalb haben wir für André Birmelés Geburtstag nach einer anderen Lösung gesucht. Wir haben nicht Berufsökumeniker eingeladen, sondern Sie als jüngere Theologinnen und Theologen,und wir haben Sie gebeten, aus Ihrem Arbeitsbereich und mit den Erfahrungen und Einsichten, die Sie im Lauf ihrer theologischen Existenz gewonnen haben, Gedanken zu formulieren, die die Ökumene von morgen betreffen. Wir haben bewusst keine Themen vorgegeben; deswegen können wir alle gespannt sein, was sich im Lauf des Symposiums ergeben wird. Wir erwarten keine fertigen Konzeptionen, sondern Anstöße und Anregungen aus sehr verschiedenen Perspektiven. So wird sich ein bunter akademischer Blumenstrauß ergeben, den Sie mit Ihren Vorträgen dem Jubilar auf diesem Symposium überreichen werden.

Wir beginnen mit Rom, weil sich dort seit einem Jahr Unerhörtes tut. Der Blick aus Rom auf Rom erfolgt freilich in lutherischer Perspektive, eine aparte Konstellation, die aufschlußreiche Wahrnehmungen erwarten lässt. Der Pfarrer der lutherischen Gemeinde in Rom, Dr. Jens-Martin Kruse, wird zum Thema  „‚Ökumene gehört zum Amt des Bichofs von Rom dazu.‘ Das erste Jahr mit Papst Franziskus“ sprechen.

Wir fahren fort mit Prof. Dr. Christoph Raedel, der kürzlich einen Band herausgegeben hat mit dem Titel „’Mitarbeiter der Wahrheit’. Christuszeugnis und Relativismuskritik bei Joesph Ratzinger/Benedikt XVI.aus evangelischer Sicht“. Dafür hat der Papa emeritus sich mit einem sehr freundlichen Brief bedankt, in dem es heißt: „Es ist für mich tröstend und ermutigend, dass evangelische Theologen sich positiv-kritisch mit meinem Opus befassen und in ein gemeinsames Ringen um das rechte Verstehen des christlichen Glaubens eintreten.“ Herr Raedel ist Methodist und unterrichtet an der CVJM-Hochschule in Kassel Ökumenische Theologie. Er wird uns „zukunftsweisende Konstellationen in der christlichen Ökumene“ unter dem Titel „Einheit zur größeren Ehre Gottes“ vorstellen.

Mit dem atemberaubenden Erfolg der Pfingstbewegung oder der Pfingstbewegungen in den letzten Hundert Jahren erscheinen manche alten Fragen, die in der Ökumene wieder und wieder diskutiert worden sind, überholt wie etwa die Kontroversen über Amt und allgemeines Priestertum oder über dasdreifach gegliederte Amt, über die Rolle von Lehre und Lehramt, und doch kehren diese Fragen auf eigentümliche Weise und in modifizierter Gestalt wieder zurück. Über die methodologischen Probleme des Dialogs mit Pfingstlern wird Frau Prof. Sarah Hinlicky Wilson, die seit 5 Jahren im Institut arbeitet, nachdenken.

Der Donnerstagmorgen beginnt mit einem Vortrag, der den schönen Titel trägt: „Ökumene – Spielraum der Freiheit“. Frau Dr. Jennifer Wasmuth von der Humboldt-Universität zu Berlin ist Expertin für orthodoxe Kirchen und Theologie. Ich bin gespannt zu erfahren, ob sich jener Spielraum der Freiheit im Geist der Orthodoxie oder in Opposition zu diesem eröffnet. Wir fahren fortmit einem finnischen Beitrag. Dozent Dr. Olli-Pekka Vainio (Universität Helsinki) wird die alte Frage der analogia entisaufgreifen und sie im Licht neuerer Diskussionen beleuchten. Für Karl Barth war bekanntlich die analogia entis eine Erfindung des Antichrist und der Grund, nicht katholisch zu werden, während dessen entfernter Schüler Eberhard Jüngel darauf hingewiesen hat, dass die analogia entis nicht zu viel, sondern zu wenig von Gott sagt, wenn sie betont, dass die Unähnlichkeit zwischen Schöpfer und Geschöpf immer noch größer als die Ähnlichkeit ist, während im Licht der Inkarnation der Satz der 4. Laterankonzils gerade umgekehrt werden müsste. Diese Ausweitung der ökumenischen Fragestellung ins Philosophische und Fundamentaltheologische führt Dr. Madeleine Wieger (Universität Strasbourg) weiter in den Bereich der modernen Religionstheorie, indem sie dort die Grundfrage der Ökumene, die Frage von Einheit und Verschiedenheit, untersucht. Die ökumenische Grundfrage in verändertem Kontext noch einmal zu stellen, verspricht interessante Einsichten.

Der Nachmittag beginnt mit einem Vortrag von Frau Prof. Veronika Hoffmann (Universität Siegen). Sie hat in ihrer Habilitation den seit vielen Jahren in Philosophie und Theologie geführten Diskurs um das Thema der Gabe aufgenommen und für traditionell kontroverse Themen wie Rechtfertigung, Opfer, Eucharistie, Gottes- und Nächstenliebe fruchtbar gemacht. Weil sich im Zentrum jener Kontroversen die Frage von Gabe, Geben und Empfangen befindet, kann man von dieser Diskussion viel für die Überwindung dieser Kontroversen erwarten; jene komplexe Diskussion ist nämlich an den Phänomenen und nicht an den traditionellen Begriffen und Frontstellungen orientiert. Den Nachmittag wird Dr. theol. habil. Marc Vial (Universität Strasbourg) abschließen mit einem Beitrag, der die Diskussion um die Gemeinsame Erklärung in Erinnerung ruft, und zwar die Reaktionen von Eberhard Jüngel, die seinerzeit viel Aufmerksamkeit gefunden haben.

Der Freitagmorgen gilt dann Gemeinschaften, in denen Ökumene gelebt wird, zuerst Taizé, freilich unter dem besonderen Aspekt der Beziehung des Philosophen Paul Ricoeur und dieser Communauté. Das ist für viele sicher ein überraschender Aspekt, der darum besonders neugierig macht. Frau Dr. Beate Bengard (Universität Leipzig) wird Ergebnisse ihrer Forschungen dazu vorstellen. Sr. Nicole Grochowina, Privatdozentin in Erlangen für Neuere Geschichte, wird den Reigen der Vorträge abschließen mit einer Darlegung der Bedeutung, die die Kommunitäten für die Ökumene haben. Ich denke, dass die gelebte Ökumene in den Kommunitäten und zwischen evangelischen Kommunitäten und katholischen Orden so etwas wie ein Beweis des Geistes und der Kraft für die Möglichkeit und Wirklichkeit der Ökumene ist. Darum passt dieser Beitrag gut als letzte Blume für den Geburtstagsstrauß.

Der Freitagmorgen wird dann seinen Schluß- und Höhepunkt haben in dem, was der Jubilar aus seinem mehr als 40jährigen Einsatz für die Ökumene zu berichten hat.

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