Prof. Sarah Wilson lehrt am SALT-Seminar in Madagaskar

Viele kennen Madagaskar als die „Große Rote Insel“, die Heimat von Lemuren und Chamäleons, als eine der ökologisch vielfältigsten Gegenden der Welt, aber auch eine der am meisten bedrohten. Madagaskar ist weniger bekannt als die Heimat einer großen, dynamischen und wachsenden lutherischen Kirche mit mindestens 3 Millionen Mitgliedern. Ende Oktober dieses Jahres verbrachte Prof. Sarah Hinlicky Wilson vom Institut zwei Wochen am Seminar der Lutherischen Kirche in Madagaskar – SALT – und unterrichtete einen Kurs für Master-Studenten.

Gemeinsam mit ihrem Ehemann, Dr. Andrew Wilson, untersuchte Prof. Wilson eingehend Martin Luthers Schriften zum ordinationsgebundenen Amt, dem Priestertum aller Gläubigen und zum christlichen Gottesdienst unter besonderer Berücksichtigung von Luthers liturgischen Reformen. Der Kurs begann mit einem Überblick über das Thema „Was ist das Evangelium?“ und stützte sich auf Luthers Erklärung des Glaubensbekenntnisses im Großen Katechismus. Luthers gesamte Theologie des Amtes und des Gottesdienstes kann von seinem Verständnis des Evangeliums abgeleitet werden. Dies ermöglichte den Studenten zu sehen, inwiefern das Heil in Jesus Christus die Grundlage des kirchlichen Lebens darstellt. Die Methode, mit dem Evangelium zu beginnen und dann zu weiteren Themen überzugehen, greift auf die Erfahrungen der Institutsmitarbeiter bei ihrem Seminar „Studying Luther in Wittenberg“, das jedes im November angeboten wird, zurück.

Die Wilsons sind jedoch nicht nur nach Madagaskar gereist, um zu lehren, sondern auch um zu lernen. Die Lutherische Kirche in Madagaskar hat kirchliche Ämter entwickelt, die auf die besonderen pastoralen Bedürfnisseihres Umfeldes antworten; dazu gehören Katecheten, Predigerund „Hirten“. Die letzte Gruppe ist ein Amt der Heilung und des Exorzismus, das aus den einheimischen lutherischen Erweckungsbewegungen innerhalb der Kirche entstanden ist. Im Gegensatz zu den meisten Erweckungsbewegungen in den Ländern des Nordens ist es den Madagassen gelungen, ihre Erweckungsbewegungen in die Kirche zu integrieren – zum Vorteil beider Seiten. Der Erfolg und das Wachstum der Kirche in Madagaskar werden direkt auf die Erweckungsbewegungen und das Amt der Hirten zurückgeführt, die den heutigen Bedürfnissen des madagassischen Volkes stark entsprechen. Es ist sehr anregend zu sehen, wie Luthers Lehre vom Amt auch noch fünfhundert Jahre später neue Formen annimmt.

Wenn man über die Erweckung in der Lutherischen Kirche in Madagaskar spricht, sollte man auch Nenilava (1920-1998) erwähnen, eine Prophetin und Predigerin, deren bemerkenswerter Dienst unzählige Menschen berührt hat. Vielleicht zwei Drittel aller Mitglieder der lutherischen Kirche heute sind durch ihr Wirken zur Kirche gekommen. Wohin man in Madagaskar auch gehen mag, die Menschen sprechen von ihr, erinnern sich liebevoll an sie und bezeugen die Veränderungen, die sie in ihrem Leben bewirkt hat. Es ist wohl nicht übertrieben zu sagen, dass sie die bisher einflussreichste lutherische Frau ist, die je gelebt hat – auch wenn sie außerhalb ihres Landes nur wenig bekannt ist. Wir können hoffen, dass sich das ändern wird durch den Aufbau internationaler und kulturüberschreitender Beziehungen.

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