Internationaler lutherisch-pfingstlerischer Dialog in Antananarivo, Madagaskar

Vom 7.-13. September 2019 traf sich die Dialogkommission des Lutherischen Weltbundes mit den Pfingstkirchen. Es war das vierte Treffen im Rahmen des fünfjährigen Gesprächszyklus, der aus den Vorgesprächen in Straßburg hervorgegangen ist. Die Dialogkommission wurde von der Lutherischen Kirche in Madagaskar in der Hauptstadt Antananarivo empfangen. Das Thema war „Heilung und Errettung vom Bösen“ unter besonderer Berücksichtigung von Lukas 4,18: “Der Geist des Herrn ist auf mir … zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen.“ Prof. Dr. Sarah Hinlicky Wilson, die Visiting Professor am Institut ist und z.Zt. in Tokio in der Evangelisch-Lutherischen Kirche arbeitet, war als Beraterin am Dialog beteiligt.

Madagaskar war ein besonders guter Ort für die Gespräche dieses Treffens. Die Lutherische Kirche in Madagaskar zeichnet sich durch einen einzigartigen und weit entwickelten Heilungsdienst aus, der sich in den letzten 125 Jahren im Zuge der vier noch heute bestehenden und fortwirkenden Erweckungsbewegungen (Fifohazana) herausgebildet hat.

Wir hörten Vorträge von Pastor Dr. Joseph Randrianasola und Pastor Dr. Noel Rabemanatsoa, Professoren und Leitern der Synode der Lutherischen Kirche in Madagaskar, zu zwei der vier Erweckungsbewegungen: der Soantanana Erweckung und der Ankaramalaza Erweckung. Bemerkenswerterweise sind zwei Erweckungsbewegungen von Frauen geleitet worden, worauf die Kirche stolz ist. Auch wenn Frauen in der Lutherischen Kirche in Madagaskar nicht ordiniert werden, wirken sie als Predigerinnen, Religionslehrerinnen, Theologinnen und “Hirtinnen” (oder Exorzistinnen). Die Lutherische Kirche in Madagaskar zeichnet sich unter allen lutherischen Kirchen weltweit wohl durch das größte Laienengagement aus.

Die Vorträge der lutherischen Referenten wurden durch einen Vortrag von Pastor Dr. Opoku Onyinah, einem Theologen und früheren Leiter der Church of Pentecost in Ghana, ergänzt, was eine Bereicherung war. Die Church of Pentecost hat Gemeinden und Dienste in über 100 Ländern. Pastor Dr. Opoku Onyinah behandelte das pfingstlerische Verständnis von Freiheit, Heilung und Errettung und legte seinen Schwerpunkt dabei auf die biblischen Grundlagen und die gleichermaßen schwierige wie notwendige Aufgabe der Unterscheidung.

Ökumenisch lässt sich in den Dialogen im Laufe der Zeit oft ein Wachsen an Verständnis und Vertrauen beobachten. Dies trifft in jedem Fall auf den Dialog des Lutherischen Weltbundes mit den Pfingstkirchen zu. Auch wenn bereits im Jahr 2016 bei der ersten Sitzung in Baguio, Philippinen, eine große Bereitschaft und Offenheit vorhanden war, haben wir einander und unsere jeweiligen Traditionen inzwischen so gut kennengelernt, dass es zu lebhaften und intensiven Diskussionen kam. Nicht zuletzt war es das madagassische Umfeld, das überraschend viele Konvergenzen zutage förderte, die gemeinsamen Herausforderungen aufzeigte, denen wir uns stellen müssen, und uns den Weg wies, wie wir uns gegenseitig mit unseren jeweils unterschiedlichen Traditionen und Praktiken wie ein Sauerteig durchwirken können.

Neben intensiven Gesprächen hatte die Dialoggruppe viele Gelegenheiten zum Gottesdienst und zum geselligen Beisammensein. Zusätzlich zu den zweimal täglich stattfindenden Andachten, die von Dialogmitgliedern gehalten wurden, nahmen wir an der jährlichen Sitzung der Synode von Antananarivo teil, die am Sonntagmorgen fünf Stunden lang in einem Amphitheater im Freien stattfand. Es nahmen über 5000 Personen daran teil, und alle erhielten das Abendmahl! Zusammen mit ökumenischen Gästen sind wir von der Kirche zu einem Festessen eingeladen worden. Einer der Höhepunkte dabei war das kraftvolle und leidenschaftliche Singen des Universitätsjugendchors einer der lokalen Lutherischen Kirchen. Wir haben darüber hinaus einen Gottesdienst beim Erweckungscamp toby besucht, das durch Germaine Volahavana, besser bekannt als Nenilava (19018-1998), gegründet wurde. Hier wurde geistig und physisch Kranken Raum gegeben, öffentlich zu beten, Zeugnis abzulegen und die Schrift zu lesen, gefolgt von einem Exorzismus und dem Händeauflegen zur Heilung.

Bemerkenswert scheint schließlich, dass wir zur gleichen Zeit wie Papst Franziskus in Madagaskar waren. Da der Papst sich auf den Besuch der lokalen Kirchen konzentriert hat, hatten wir keine Gelegenheit zu einer Audienz. Jedoch sahen wir überall Willkommenszeichen für den Heiligen Vater, was unsere Begegnung ökumenisch noch bereichert hat.

Im Jahr 2020 wird der Dialog mit den Pentekostalen für die fünfte Runde in Nordamerika zusammentreffen und seinen Schlussbericht für die Veröffentlichung vorbereiten. Unsere kurze Zeit zusammen ist schon so fruchtbar gewesen, dass wir hoffen und beten, dass unsere Kirchen sich für eine weitere Dialogrunde einsetzen werden, wenn die jetzige Dialogrunde abgeschlossen sein wird.

 

 

 

 

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