Die ökumenische Gruppe von Dombes besteht seit 1937. Sie wurde als Gebetsgruppe und als Ferment einer angestrebten Einheit gegründet, später dann wurde sie eine Forschungsgruppe und veröffentlicht theologische Bücher. Sie trifft sich jedes Jahr eine Woche lang in der Abtei von Pradines (bei einer Kommunität von Benediktinerschwestern) zur Einkehr, zum Gebet und zur Arbeit an einem brennenden Thema auf der Suche nach der Einheit der Kirchen. Ihre Absicht ist es, zu diesem Ziel beizutragen und Kirchen und Gläubige zu ermutigen, sich durch die lebendige Begegnung mit der „anderen“ Kirche verändern zu lassen. Elisabeth Parmentier vom Institut ist seit langen Jahren Mitglied dieser Gruppe.
Die neueste Veröffentlichung der Gruppe von Dombes
„Vous donc, priez ainsi“ Le Notre Père, itinéraire pour la conversion des Eglises, Paris, Bayard, 2011
Dieses Buch ist die neunte Veröffentlichung der Gruppe von Dombes. Es ist in einer Zeit entstanden, wo die Ökumene stagniert, wo sich keine „große Vision“ mehr abzeichnet: alle kontroversen Fragen sind untersucht worden, alle trennenden und auch alle vereinenden Themen sind bekannt. Aber die Kirchen kommen nicht voran, wenn man die offiziellen Erklärungen betrachtet. Das Anliegen des Buches war deshalb, Laien und Pastoren zu motivieren, damit sie die Suche nach der Einheit in einem Klima des identitären Rückzugs auf sich selbst weiterführen. Es sollte ein kurzes Dokument sein, ein Plädoyer für die Ökumene, sowohl eine Rezeption der erreichten Ergebnissen wie auch eine Motivation zur Weiterarbeit.
Was „zwingt“ uns, die Suche nach der Einheit weiterzuführen? Dabei muss man vom christlichen Leben ausgehen: Das Gebet stellt das wichtigste Zeichen der christlichen Identität dar und nicht die Dogmen oder die Institutionen. Und was beten wir alle gemeinsam? Das Vater“unser“! Seit 1966 gibt es eine gemeinsame Übersetzung auf Französisch, und eine ökumenische Übersetzung ist in die Liturgie eingeführt worden: Welche Veränderung bringt dies?
Die Absicht dieses Buches ist es aufzuzeigen, inwiefern das Vaterunser uns dazu „zwingt“, uns auf den Weg der Versöhnung zu begeben und nicht unsere eigenen Wünsche voran zu stellen. Die Botschaft von der Versöhnung in Jesus Christus steht im Zentrum der christlichen Identität.
Das Buch schlägt einen ungewöhnlichen Weg ein: dieses Mal ist die Gruppe nicht von einem Ort der Trennung ausgegangen, sondern von einem Ort der Einheit. Das Buch zeigt uns, wie er trotzdem nicht der Einheit gedient hat, sondern dem Konfessionalismus. Es zeigt uns auch, wo die Bekehrungen stattfinden sollten. Denn das Gebet verändert uns. Das Gebet wird hier nicht als eine Pflicht des Gläubigen verstanden, sondern als ein Überlaufen der empfangenen Gabe. Dieses Gebet wird zu einem Testfall: Kann man es gemeinsam beten ? (vgl. die Hauptthese, § 164)
Diese Vorgehensweise der Gruppe von Dombes stellt eine aktualisierte Wiederholung der Frage „Identität und Bekehrung“ dar. Das aus theologischer Sicht erfolgreichste Buch Pour la conversion des Eglises zeigte die Zweiheit „Identität und Bekehrung“: Wie kann man sich eine Bekehrung vorstellen, ohne seine eigene Identität zu verraten? Bekehrung wozu?
Diese frühere Veröffentlichung nennt drei „Identitäten“: die christliche, die kirchliche und die konfessionelle Identität. Die christliche Identität ist die Zugehörigkeit zu Christus. Die kirchliche Identität weist auf eine kirchliche Zugehörigkeit (christliche Kirche). Die kirchliche Identität wird oft mit der konfessionellen Identität verwechselt, wenn eine „parteiische Lebensweise der kirchlichen Identität und der christlichen Identität“ vorliegt (§ 12), wo sich die Stereotypen festmachen können.
Der Weg liegt in der Umkehrung der Bedeutung dieser Identitäten: die wichtigste ist die christliche Identität, sich zum Evangelium bekehren zu lassen. In diesem Sinn geht es darum, sich gemeinsam bekehren zu lassen, um eine Kirche in der „vollen Anerkennung der Ekklesialität der anderen“ (§ 14) zu werden. Was geschieht mit dem konfessionellen Erbe? Sein Wert muss anerkannt werden, man sollte sich jedoch auch „in Frage stellen lassen durch die Werte der anderen“, „auf ihre Unzulänglichkeiten und ihre sündige Dimension verzichten“.
Das Inhaltsverzeichnis:
Teil 1: Problematik
Teil 2: Historische Diagnose
Teil 3: Biblische Grundlagen
Teil 4: Grundlagen und ökumenische Herausforderungen
Teil 4 zeichnet einen theologischen Weg auf; Teil 3 legt die „Grundlagen“ des Vaterunsers dar (die großen theologischen Richtlinien, aber bereits in einer ekklesiologischen Perspektive). Diese Grundlagen sind: der Vater, das Reich, das Brot, die Vergebung, die Versuchungen.
Die „ökumenischen Herausforderungen“ sind die „Bekehrungen“, die auf denselben Elementen basieren, jedoch in einer etwas anderen Reihenfolge: die empfangene Gabe (der gemeinsame Vater), die Vergebung, die Versuchungen, das Brot, das Reich. Jede Bitte wird in ihrem theologischen Sinn verstanden: für den Einzelnen, als Herausforderung für die Welt, dann als Herausforderung für die Kirchen. Von hier aus entsteht ein Plädoyer, das sich an die Gläubigen, aber auch an die Kirchenleitungen richtet, um sie zu einer Veränderung in ihrer Haltung und ihrem Verstehen des „Anderen“ zu führen.