Prof. Wilson bei der „Protestantism Conference“ am Gordon College

Vom 14.-16. November nahm Prof. Sarah Hinlicky Wilson vom Institut an der Konferenz „Protestantism: Reflections in Advance of the 500th Anniversary of the Protestant Reformation, 1517-2017“ am Gordon College in Wenham, Massachusetts, USA, teil. Die Referenten vertraten verschiedene christliche Traditionen des Westens, sie waren katholisch und evangelisch, aus Mainline- und aus evangelikalen Kirchen, und untersuchten den – guten oder weniger guten – Einfluss dieser fast 500 Jahre alten Bewegung und machten Vorschläge für die Gedenkfeier, die in knapp vier Jahren stattfinden soll.

Eine eindrucksvolle Liste von Rednern trug dazu bei, dass die Konferenz stets lebhaft und interessant war. Der Hauptvortrag wurde von dem bekannten Kirchenhistoriker Mark D. Noll gehalten zum Thema: „The Chaotic Coherence of Sola Scriptura“. Er sprach vom gleichzeitigen „Fluch und Segen“ von sola scriptura, wobei die Betonung jedoch auf dem Letzteren lag. Am nächsten Morgen hielt der angesehene Rechtsgelehrte John Witte Jr. einen Vortrag zu „Protestantism and the Shaping of Western Law“ und schloss mit einer sorgfältigen und überzeugenden Untersuchung von Luthers Vermächtnis im Blick auf die Juden (kurz: Luther habe kaum etwas direkt über die Juden gesagt, und die schrecklichen Dinge, die er sagte,  seien im Westen bis zur Nazizeit so gut wie unbekannt gewesen). Nach diesem Vortrag kam Brad Gregory, Professor in Notre Dame in Indiana und Autor des kürzlich veröffentlichten Buches „The Unintended Reformation“. Er sprach  sich für eine bessere Integration aller Parteien der Reformation in die Geschichtsschreibung aus, einschließlich der radikalen Reformation. Er stellte auch die Frage nach dem politischen Einfluss eines geteilten Christentums angesichts immer stärker werdender Nationalstaaten.

Prof. Wilson ließ dann in ihrem Referat „Martin Luther at 500 and the State of Global Lutheranism“ Luthers zentrale Überzeugungen zur Sprache kommen, die zu dem führten, was als die Reformation bekannt wurde. Sie betonte die Realpräsenz Christi als Schlüsselmotiv in Luthers Denken. Sie wies auch auf die dramatischen Veränderungen in den letzten Jahrhunderten im Luthertum wie auch in allen Zweigen der Kirche hin, die durch die Mission und das Anwachsen der lutherischen Christenheit außerhalb ihres alten nordatlantischen Zentrums hervorgerufen worden sind.  Anschließend sprach Karin Maag, Professorin für Geschichte und Direktorin des H. Henry Meeter Center for Calvin Studies am Calvin College, über „The Reformation and Western Higher Education“ und zeigte auf, wie die Reformation, die aus der Universität hervorging, das Bedürfnis nach einem besser ausgebildeten Klerus erfüllte. Zum Abschluss behandelte Matthew Lundin, Professor für Geschichte am Wheaton College Tendenzen in der Geschichtsschreibung der Reformation. Er und viele andere forderten die „Rückkehr der Religion“ in den Reformationsstudien, indem er  hervorhob, dass der religiöse Glaube die Motivation für die Schlüsselfiguren der Reformation darstellte und kein Deckmantel war für ihre „wahren“ Anliegen wie z.B. Geld oder Macht.

Am nächsten Tag begann die Konferenz mit einem anregenden Vortrag von Philip Jenkins, Professor an der Baylor University. Seine zahlreichen Bücher haben die weltweite Dimension des Christentums vielen nordatlantischen Christen zum ersten Mal zum Bewusstsein gebracht. Mit seiner Frage „What Hath Wittenberg to Do with Lagos?“ argumentierte Jenkins, dass das Studium der Reformation und das Studium der Weltchristenheit heute sich gegenseitig bereichern, da beide Umwälzungen in der Kirche von unglaublichem Ausmaß darstellen und einige erstaunliche Parallelen aufweisen, wozu auch u.a. Neuerungen in sozialen Medien gehören. Sung-Deuk Oak, Professor für koreanisches Christentum an der UCLA in Kalifornien, nahm dieses Thema mit einer Fallstudie zum Wachstum der evangelischen Christenheit in Korea auf und untersuchte die Herausforderungen der Inkulturation, des schnellen Anwachsens und der ebenso schnellen Trennung und die gegenwärtige Stagnation.

Am Nachmittag sprach Hermann J. Selderhuis, Direktor des Refo500-network, zu Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum, besonders über das Reformationsgedenken im nachchristlichen Europa und über die finanziellen und touristischen Aspekte von 2017. Matthew Levering,  ein produktiver katholischer Theologieprofessor am Mundelein Seminary, zog einen wohlwollenden Vergleich zwischen den Ekklesiologien von Thomas von Aquin und von Jean Calvin. Das Programm schloss mit Timothy George, dem Dekan von Beeson Divinity School, der über 2017 im Licht der Ökumene und von der zunehmenden Achtung und Wertschätzung zwischen  Katholiken und Evangelikalen im Besonderen sprach.

An  beiden Tagen der Konferenz stellte ein Podiumsgepräch mit den Rednern des Tages den Abschluss dar. Dies erlaubte den vielen Teilnehmern und Studenten des Gordon College, den Referenten ihre besonderen Fragen zu stellen. Die Moderation übernahm Tal Howard, Professor am Gordon College, der hinter der Organisation der gesamten Tagung stand. Die Konferenz konnte dank der Partnerschaft mit dem Gorden College’s Center for Faith and Inquiry, der Universität von Notre Dame, dem Boston Theological Institute und Refo500 veranstaltet werden.

Die Vorträge werden in einem besonderen Band veröffentlicht.

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