Ecumenical Training for Interreligious Contexts: Ein Seminar mit 13 Teilnehmenden aus Gambia

Vom 9.-13. Januar 2016 besuchte eine Gruppe von 13 Pastorinnen und Pastoren aus Gambia, einem kleinen Land in Westafrika, das Institut. Die Pastoren vertraten sieben Konfessionen des Gambia Christian Council (GCC): die römisch-katholische, die lutherische, die reformierte, die anglikanische, die methodistische und die baptistische Kirche sowie die Assemblies of God. Die Christen, die eine kleine Minderheit in diesem vorwiegend muslimischen Land darstellen, hatten bereits ein gutes Verhältnis zueinander und wollten die ökumenische Gemeinschaft in Gambia vertiefen und verstärken.

[singlepic id=493 w=320 h=240 float=left]Die Initiative ging auf  Bischof Samuel S. Thomas von der Evangelisch-lutherischen Kirche in Gambia zurück. Er hatte 2014 an einem Studying Luther in Wittenberg-Seminar teilgenommen, das jedes Jahr vom Stab des Instituts veranstaltet wird. Beeindruckt von der Arbeit der Forschungsprofessoren kehrte er nach Gambia zurück, berichtete über das Institut und ermutigte zur Beteiligung an der Arbeit des Instituts. Nach ausgiebigen Diskussionen kamen das GCC und das Institut zu dem Schluss, dass es die beste Möglichkeit wäre, Vertreter der lutherischen Kirche und all der Kirchen, mit denen die Lutheraner bereits Dialoge führen, nach Strasbourg zu einem Intensivseminar einzuladen. Dieser Traum hat sich schließlich im Januar erfüllt.

Obwohl die Zeit begrenzt war, konnte doch ein großer Bereich von Themen abgedeckt werden.Prof. Sarah Hinlicky Wilson begann mit einem Überblick über die Kirchengeschichte mit Schwerpunkt auf der Geschichte der Spaltungen, gefolgt von einem Bericht über die ökumenischen Bemühungen im 20. und 21. Jahrhundert und ihre Meilensteine. Später behandelte sie Fragen der Anerkennung der Taufe, sowohl zwischen getrennten Kirchen wie zwischen Befürwortern der Kinder- und der Erwachsenentaufe. Die Gruppe studierte den ersten Teil des Dokuments „Taufe, Eucharistie und Amt“ der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung und sprach über die Möglichkeit für die Kirchen in Gambia, eine Vereinbarung über die Taufe zu erreichen, die die Taufe der anderen Kirchen anerkennt trotz Unterschieden im Amt, in der Theologie und in der Praxis.

Prof. Theodor Dieter behandelte die Konflikte des 16. Jahrhunderts, die zur Trennung zwischen der Kirche von Rom und den verschiedenen protestantischen Gruppen führte unter besonderer Berücksichtigung von Martin Luther. Dies stellte die  Grundlage dar für einen Überblick über die Gemeinsame Erklärung der Rechtfertigungslehre und den Begriff des differenzierten Konsenses, der die Mitte sucht zwischen den Extremen des Akzeptierens aller Unterschiede und der Forderung nach Uniformität in jedem Detail. Am Ende des Seminars sprach er über den besonderen Fall der Versöhnung zwischen Lutheranern und Mennoniten im Jahr 2010 und die „Fünf ökumenischen Imperative“ am Ende von „Vom Konflikt zur Gemeinschaft“, dem Dokument aus dem Jahr 2013 des internationalen lutherisch/römisch-katholischen Dialogs zum Gedenken an die Reformation 2017.

Die Teilnehmer aus Gambia arbeiteten auch an der Analyse ihrer eigenen Situation als Christinnen und Christen in einem muslimischen Kontext und der Herausforderungen, die sich ihnen stellen, wenn sie ihre Einheit in Christus in ihrem Leben sichtbarer machen wollen. Dem Gambian Christian Council gehören 44 Kirchen an, aber nur 3 sind volle Mitglieder; sie treffen die Entscheidungen über die Aktivitäten und Projekte und involvieren somit die anderen 41 Kirchen weniger. Die Teilnehmenden entschieden, bei ihrer Rückkehr für eine aktivere Einbeziehung und Beteiligung einer größeren Anzahl von Kirchen im Council einzutreten. Sie stehen auch vor der Herausforderung des „Schafe-Stehlens“, das heißt dass manche Christen von einer Kirche zur anderen wechseln auf der Suche nach verschiedenen Vorteilen, ebenso vor der Herausforderung der Wiedertaufe und der Verdoppelung von Ämtern in der Gemeinde und der Diakonie. Die Gruppe hatte jedoch den starken Willen, diese Schwierigkeiten anzugehen und zu überwinden, um besser Zeugen für Christus sein zu können. In einem Brainstorming suchte die Gruppe nach konkreten Wegen, dieses Ziel zu erreichen: „Wir können gemeinsam die Pläne verwirklichen, wie z.B.: a) gemeinsam evangelisieren, b) gemeinsam diakonische Arbeit leisten, 3) Maßnahmen für die Beziehungen zwischen Muslimen und Christen planen. Strategien: a) jede Mitgliedskirche des GCC soll da in der Mission und der Evangelisierung tätig sein, wo es noch keine Kirchen gibt; b) die Mitgliedskirchen sollen ermutigt werden, die Entwicklungsarbeit gemeinsam zu leisten um Verdoppelungen zu vermeiden; c) die Mitgliedskirchen sollen sich treffen, um über die Beziehungen zwischen Muslimen und Christen zu sprechen; d) das GCC soll Personen in  Theologie, Entwicklung und sozialen Diensten ausbilden.“[singlepic id=495 w=320 h=240 float=right]

Außer der Seminararbeit hatten die Teilnehmenden auch Zeit für Gemeinschaft und Besuche in der Umgebung. Das Seminar fand vor allem im Centre Culturel St. Thomas, einem katholischen Begegnungszentrum in der Nähe der europäischen Institutionen in Strasbourg, statt. Am Sonntag besuchte die Gruppe den Gottesdienst in der anglikanischen Kirche St. Alban, wo sie von der Gemeinde willkommen geheißen wurden. Im Gottesdienst wurde eine Bekräftigung des Taufgelübdes im Hinblick auf die Taufe Christi gefeiert. Nach dem Gottesdienst lud die Gemeinde zum Mittagessen ein. Anschließend führte Prof. Dieter die Gruppe durch das Münster und erklärte die theologische Botschaft der wunderbaren Kunstwerke der Kathedrale. Am Dienstag wurde die  Gruppe von Pfarrern der Union des Eglises Protestantes d‘Alsace et de Lorraine im Séminaire Protestant zum Mittagessen eingeladen. Im Anschluss gab der Regionalbischof Jean-Jacques Reutenauer einen Überblick über die ausgezeichnete ökumenische Gemeinschaft und die interreligiösen Beziehungen in Strasbourg. Darauf folgte ein Besuch der Kirche St. Thomas, der bedeutendsten lutherischen Kirche in Strasbourg.

Am letzten Nachmittag machte die Gruppe einen Ausflug in die Vogesen. Der erste Halt war der Odilienberg, wo sich ein Kloster befindet, das der Schutzpatronin des Elsass, Ste. Odile, gewidmet ist. Ein besonderes Vergnügen war, dass es an diesem Tag zu schneien anfing – der erste Schnee für die meisten Gambier! Daran schloss sich ein Besuch des Oberlin-Museums an, das das Leben und das Werk von Jean-Frédéric Oberlin vorstellt, einem lutherischen Pastor, der die ganzen 59 Jahre seines Dienstes als Pfarrer in einem armen und unbedeutenden Dorf verbrachte und trotzdem weltweit bekannt wurde für seine Frömmigkeit, seine Predigten und die Entwicklungsprojekte für diese wenig geachteten und vergessenen Dorfbewohner. Zum Abschluss des Tages gab es ein typisch elsässisches Gericht – Tarte flambée –, auch wenn die meisten Gambier gestanden, dass ihnen Reis, die traditionelle Beilage bei jedem Essen, ebenso lieb gewesen wäre.

Der Stab des Instituts hat sich besonders über die Gelegenheit gefreut, dieses Seminar abzuhalten, da wir darüber nachdenken, wie wir unsere ökumenische Arbeit intensiver in den Globalen Süden ausweiten können. Es wurde klar, dass die Arbeit an den Trennungen und für die Einheit im Leib Christi im Süden und in den jüngeren Kirchen ebenso dringend ist wie in den älteren Kirchen des Nordens. Wir gewannen viele Einsichten für die zukünftige Arbeit.

Dieser Eindruck wurde auch durch die Gambier selbst bestätigt, die viele positive Kommentare zum Seminar machten:[singlepic id=498 w=320 h=240 float=left]

„Ich würde gern meine gute Erfahrung mit der Kompetenz und Freundlichkeit des Institutsstabes weitergeben, mit seiner ruhigen und höflichen Lehrweise, die aus einer reichen Erfahrung kommt und die für die Kirchen und Christen in unserem Kontext ein gutes Beispiel sein kann.“

„Der Begriff Ökumene bedeutet christliche Einheit oder Zusammenarbeit sowie das Zusammenbringen und die Erneuerung des gesamten Lebens der Kirche, um es wirksamer zu machen.“

„Ich möchte meinen Leuten die Bedeutung der Ökumene weitergeben. Wenn wir uns vereinen wollen, müssen wir zuerst unsere Unterschiede akzeptieren. Wenn wir das tun, können wir gemeinsam auf unser Ziel zugehen und ein Leib werden. Ich danke Euch für Eure gute Arbeit und dass Ihr junge Pastoren wie uns aufgenommen habt. Ich möchte Euch ermutigen, andere junge Pastoren aufzunehmen, denn die Jugend von heute sind die Kirchenleiter der Zukunft.“

„Ich habe über die Ökumene gelernt, dass alle Christen mit ihren Mitmenschen unter einem  Dach sein können. Christus sagt, dass wir, wenn wir Ihn suchen, einander finden werden, und dass wir zusammen bleiben sollen. Am hilfreichsten fand ich, mehr über die Lehre der anderen Kirchen und das Christentum zu erfahren. Das hilft mir, Jesus in der wahren Perspektive zu sehen.“

„Ich habe gelernt, dass die Christen gegenseitig ihre Taufe anerkennen sollen. Wenn man mit Wasser im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft ist, sollte diese Taufe von jeder Kirche akzeptiert werden.“

„Der Besuch des Münsters hat mich sehr berührt. Als ich erfuhr, wie lange es gedauert hat, um diese Kirche zu bauen, ist mir klar geworden, dass viele Menschen, die an ihrem Bau beteiligt waren, nicht die fertige Kirche gesehen haben. Dies half mir zu erkennen, dass wir von unserer Arbeit nicht selbst profitieren sollen, sondern dass wir für etwas arbeiten, von dem andere Menschen profitieren werden. Dies ist ein sehr gutes Bild dafür, was es heißt, Christ zu sein.“

„Ich möchte die Gelegenheit ergreifen, den Professoren zu danken, dass sie sich die Zeit genommen haben, uns über die Einheit der Kirchen zu unterrichten. Ich werde meinen Bischof darüber informieren, damit alle christlichen Kirchen solch eine ökumenische Ausbildung haben können und somit das gegenseitige Verständnis in Christus verbessert wird.“

„Ich habe gelernt, Gottes Urteil über alles, was ich in der Welt tue, zu akzeptieren. Manchmal habe ich versucht, Gott durch mein eigenes Verständnis zu dienen und habe die Loyalität zu mir selbst vor die Loyalität zu Christus gesetzt. Unsere Trennung hat uns daran gehindert, einander in Christus zu korrigieren. Die Welt liegt in den Händen des lebendigen Gottes, Jesus, der lebte und starb und vom Tod auferstanden ist. Ich habe auch gelernt, dass Gott die Macht des Bösen ein für allemal zerbrochen hat, die Tore wurden für Freiheit und Freude im Heiligen Geist geöffnet. Das Urteil über unsere Geschichte und unsere Taten wird das Urteil des barmherzigen Gottes sein. Am Ende seines Auftrags steht der Triumph seines Reiches, wenn wir verstehen werden, wie sehr Gott die Welt geliebt hat. Wenn ich zurückkehre, werde ich über viele Dinge mit den anderen Pastoren in Gambia diskutieren können.“

„Dies ist eines der besten Seminare, an denen ich je teilgenommen habe. Es war ein wirklich ausgezeichneter Aufenthalt in Strasbourg. Unsere beiden Referenten zeigten mir den gesamten Umfang des Christentums wie auch der Trennungen, worüber ich mir zuvor nicht im Klaren war. Eine großartige Zeit!“

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