Im Jahr 2024 wird der Harding-Meyer-Ökumenepreis aufs Neue verliehen. Harding Meyer (1928-2018) war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der weltweiten neueren ökumenischen Bewegung. Als Vordenker und Pionier hat er neue Wege eröffnet und beschritten. Viele neuere Entwicklungen weltweiter zwischenkirchlicher Beziehungen gehen auf ihn zurück. Um sein Erbe zu würdigen und auch die Fortführung seiner Impulse und Visionen zu fördern, hat die Stiftung für ökumenische Forschung des Lutherischen Weltbundes 2020 einen Harding-Meyer-Ökumenepreis eingesetzt. Dieser wird alle zwei Jahre verliehen; das Preisgeld beträgt 3000 Euro.
Preisträgerin im Jahre 2024 ist die deutsche evangelische Theologin Dr. Elisabeth Maikranz, deren Monographie Tradition und Schrift. Eine Verhältnisbestimmung bei Wolfhart Pannenberg und Walter Kasper 2023 im Verlag Mohr Siebeck erschienen ist.
Seit dem 16. Jahrhundert spielt das Thema „Schrift und Tradition“ eine herausgehobene Rolle in den evangelisch-lutherischen/römisch-katholischen Kontroversen. Hinter dieser kontroverstheologischen Thematik steht der Konflikt um die Autorität der Kirche und in der Kirche. Der in den letzten Jahrzehnten geführte ökumenische Dialog hat zu einer Verständigung in Fragen der Schrift, der Schriftauslegung und des Lehramtes beitragen können. Dennoch bleiben Fragen um das Thema „Schrift und Tradition“ offen. Die bei Friederike Nüssel in Heidelberg von Elisabeth Maikranz angefertigte Dissertation „Tradition und Schrift“ will vom Titel her anzeigen, dass mit der Umkehrung der klassischen Verhältnisbestimmung eine Lösung der umstrittenen Fragen möglich erscheinen könnte. Die werkgeschichtlich und systematisierend angelegte Dissertation beschäftigt sich vorrangig mit den beiden Theologen Wolfhart Pannenberg und Walter Kasper, die sowohl für ihre jeweiligen Kirchen wie für den lutherisch-katholischen Dialog eine herausgehobene Rolle gespielt haben. Die Dissertation geht den jeweiligen Theologien und ihren spezifischen Fragen um Schrift und Tradition sehr detailliert und gründlich nach, um sie gemeinsam nach Lösungen zu befragen. Kaum eine für die Fragestellung relevante theologische Thematik wird dabei ausgelassen. Der Leser erhält eine große Fülle an Informationen über die jeweiligen Theologen und ihre Vorstellungen zur gewählten Thematik. Mit dieser werksvergleichenden Dissertation liegt eine sehr gut lesbare und in sich verständliche Abhandlung vor. Eine herausragende Dissertation, die aufgrund ihrer Präzision, ihrer umfassenden Sichtweise und ökumenischen Anregungen eine Belobigung verdient hat.